FOMO - Elternstress Ferienedition

9 Wochen Sommerferien bei den Kindern stehen 5 Wochen Urlaubsanspruch im Jahr bei den Elternteilen gegenüber. An sich schon eine Konstellation, die zusätzliche Organisation und mehr Zeitaufwand bedarf. Darüber hinaus lesen und hören Eltern dann noch so Sätze, wie „Ihr habt maximal 18 Sommer mit eurem Kind - nutzt sie!“ und zack wird der eigene „Erholungsurlaub“ zur stressigsten Zeit überhaupt.


Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin, die im Sommer gerne in die FOMO-Elternfalle tritt. FOMO steht für „Fear of missing out“ und meint die Angst etwas zu verpassen. Auf unserer Instagram- Seite @familienwip hat uns eine Followerin geschrieben: „Vor allem dieser Druck im Hintergrund... die Ferien sollen die schönste, aufregendste und tollste Zeit für die Kids sein! 😵💫 “ Das Resultat? Wir geben viel Geld aus für zahlreiche Erlebnisse, erholen uns trotzdem nicht und sehnen schon Anfang August den Alltag im September wieder herbei.

Ein Luxusproblem

Wer in die FOMO-Falle tritt, ist natürlich privilegiert.

Um die zahlreichen Freizeitangebote, Ferienkurse und Ausflugsziele nutzen zu können, bedarf es auch einer gewissen finanziellen und auch zeitlichen Freiheit. Aber wie so viele Privilegien, bringt auch dieses nicht nur Chancen, sondern auch Verantwortung. Eine Verantwortung, der ich - das gebe ich gerne zu - wohl nicht immer gewachsen bin. Regelmäßig wünsche ich mir im Sommer Entschleunigung und packe die freien Tage dann doch voll. Lasse mich locken von den zahlreichen Angeboten unserer Niederösterreich-Card, der Jahreskarte vom Zoo, die wir noch nicht ausgenutzt haben, und der Kindertheater-Entdeckung auf Instagram. Und Stand-Up-Paddeln wollte ich auch endlich mal probieren! Das gefällt sicher auch schon meiner Tochter - und für meinen Sohn wäre das doch eine gute Gleichgewichtsübung!


Kennt ihr das?
Dann solltet ihr vielleicht auch folgenden Spruch verinnerlichen:

Freiheit ist die Möglichkeit, auf die Möglichkeit zu verzichten

Mein halbes Leben schon hängt dieser Spruch in meiner Küche und ich brauche den Reminder immer noch regelmäßig. Aber wieviel Wahrheit enthält dieser Satz? Die Freiheit, die wir brauchen, steckt nicht in den unzähligen Möglichkeiten, die uns geschenkt sind. Wir brauchen die Freiheit, so mit uns selbst verbunden zu sein, dass wir unsere wirklichen Bedürfnisse erkennen und außerdem die Entscheidungskompetenz, um unsere Freizeit bedürfnisorientiert und nicht angebotsorientiert zu gestalten.

Kein schlechtes Gewissen

Wenn ich durch zu viele Ausflugsempfehlungen scrolle und Prospekte durchblättere, muss ich mich selbst stoppen. Anstatt die Wochen vollzupacken, muss ich mir selbst die Frage stellen: Wieviel Aktivität kann ich meiner Familie und mir zumuten, so dass wir sie richtig genießen können?

Und dann muss ich mein schlechtes Gewissen immer wieder in die Schranken weisen. Und mir selbst eingestehen, dass es vollkommen in Ordnung, wenn nicht sogar auch mal richtig gut ist, wenn die Kinder einen heißen Sommertag nicht im Bad, sondern vor der Switch verbringen. Wenn wir die Erfahrung von Langeweile ermöglichen - und den daraus resultierenden Ideen Zeit geben. Oder wenn die geplante Wanderung doch nicht bis zum Ziel durchgezogen wird, weil der Bach am Anfang des Weges schon so zum Spiel verlockt hat.

Es muss nicht jede*r alles machen

Ein schlechtes Gewissen habe ich auch dann nicht mehr, wenn ich Aktivitäten plane, die ich nur mit einem Kind mache. Denn - ganz ehrlich - meine drei Kinder sind sehr unterschiedlich in ihren Bedürfnissen. Und selbst wenn es ein Ausflugsziel gibt, das allen gefällt, so möchte dort jedes Kind etwas anderes. Da das aufeinander Rücksicht nehmen im Alltag ohnehin genug eingefordert wird, will ich meinen Kindern im Sommer lieber die Möglichkeit geben, ihrem eigenen Antrieb zu folgen. Ungehindert ihrem Bauchgefühl nachzugehen. Und so plane ich unsere Ferien mittlerweile so, dass nicht alle Familienmitglieder alles machen müssen. In der Hoffnung, dass meine Kinder im Gegensatz zu mir keine 10 Jahre Elternschaft brauchen, um genau das zu verstehen:

Sie müssen nicht alles machen, sondern nur das, was ihren Bedürfnissen entgegenkommt. Und das ist manchmal auch einfach: Nix.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit dem Familien WIP.

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Weitere Artikel des Autors lesen