Worte haben Macht – Die Beherrschung der Zunge
Worte: Von meinen Kindern erwarte ich, sie sorgsam zu wählen, im Streit nicht ausfallend zu werden und andere mit Worten eher zu ermutigen, als sie gegen sie zu verwenden. Manchmal bin ich entsetzt oder verärgert, was ich da so aus ihrem Mund vernehme, doch ich muss mir bewusst sein, dass auch täglich viele Worte meinen Mund verlassen.
Voller Liebe und Wertschätzung, mahnend, manche genervt, und wieder andere scheinen schneller gesprochen als gedacht zu sein. Nicht immer werden sie verstanden, nicht immer erwartet und nicht immer geschätzt. So ist das im täglichen Miteinander. Gibt es Worte in unserem Alltag, die wir uns sparen könnten?
Welche Macht haben Worte auf mich und andere und warum lohnt es sich, meine Zunge ein wenig zu zügeln – diese Gedanken habe ich mir in den letzten Wochen gemacht und ich möchte sie hier mit euch teilen.
Worte haben Macht
Jeder weiß, dass Worte etwas bewirken. Es kommt ganz darauf an, was ich sage, wie ich es sage, wann ich es sage und an wen ich meine Worte richte. Ich kann aufbauen und ermutigen, aber auch niederschmettern und demotivieren. Manchmal nutzen wir dieses Wissen ganz bewusst und gelegentlich missversteht man uns und wir stehen vor einer Wirkung, die wir so nicht beabsichtigt hatten.
Da gibt es wirklich einiges zu bedenken. Umso schlimmer, wenn wir achtlos mit unserer Zunge umgehen. Mein Mann und ich sind in unseren zehn Ehejahren schon durch eine gute Schule gegangen. Wir kennen uns, wissen wie wir einander ermutigen können, Trost spenden oder eben auch bewusst ärgern und verletzen können.
Und bei unseren Kindern erleben wir auch, wie wir sie mit Worten der Wertschätzung, mit Zuspruch und Liebe erfreuen und anspornen und mit manchen unbedachten oder schlecht formulierten Aussagen entmutigen, verunsichern oder in einem ihrer Wutanfälle noch mehr Zorn hervorrufen, anstatt sie zu beruhigen. „Aus ein und demselben Mund kommen Segen und Fluch.“ (Jak.3, 10) so steht es schon in der Bibel.
Am Anfang stand mein Vorsatz
Viele mögliche Vorsätze fasst man kurz vor Silvester für das neue Jahr. Die meisten drehen sich um irgendwelche Laster, die wir so mit uns herumtragen: weniger Süßes essen, mehr Sport machen, weniger digitale Medien etc.
Auf jeden Fall ist das Bemühen in den ersten Wochen immer sehr groß und man fühlt sich gut und stark, wenn man die ersten Hürden gemeistert hat. Einer meiner Vorsätze für dieses Jahr ist, meine Zunge ein wenig zu zügeln. Klingt ungewöhnlich, das weiß ich, aber mir wird von Tag zu Tag mehr bewusst, welche Macht die Zunge eigentlich hat.
Im Star-Wars-Jargon: Ich will auf der guten Seite der Macht stehen und doch bewege ich mich im Alltag nicht immer dort.
Was spreche ich eigentlich alles so am Tag?
Ich habe mir nie zuvor Gedanken darüber gemacht, was ich so alles spreche in den knapp 17 Stunden, die ich wach bin. Um mir ein wenig klar zu werden, wo ich doch manchmal Zaumzeug für meine Zunge bräuchte, war es mir eine Hilfe, einen typischen Alltags-TAG Revue passieren zu lassen. Vom Weckerklingeln bis zum Lichtausschalten. Erstaunlich, wie viele Worte meinen Mund verlassen.
Der Morgen hatte mehr Imperative als mir lieb war. Vormittagstelefonate waren gespickt mit News und Klatsch. Vieles drehte sich um die Organisation der Aktivitäten unserer Familienmitglieder, Smalltalks mit Nachbarn etc. Jeden Abschnitt des Tages ging ich durch. Die Quantität war nun festgestellt und jetzt ging es um die Qualität meiner Worte.
Mein Vorbild
Meine Kinder beherrschen das typische Papageien-Gedächtnis und spielen mir in verschiedenen Situationen meine Floskeln ab. Sie ärgern sich mit den gleichen Worten, trösten mit meinen Sätzen und nehmen einander auch auf die Schaufel. Doch nicht alles, was ich da von mir höre, erfreut mich. Die Qualität meiner Worte wird mir da erbarmungslos gespiegelt. Ich bin ihnen, ob ich will oder nicht, ein Vorbild. Das allein ist schon Motivation genug, bewusster zu sprechen.
Konkrete Umsetzung
Jetzt kommt der eigentlich schwerste Teil: die Umsetzung.
Ich-Botschaften: Sie sind ein großer Punkt auf meiner To-do-Liste. Was mich stört und ärgert in Ich-Botschaften zu formulieren, fordert mich gewaltig, obwohl ich gemerkt habe, dass man automatisch viel höflicher spricht und den anderen leichter abholt im Dialog, selbst wenn ich dabei lauter werde oder schreie. Gelingt mir nicht immer, aber immer öfter.
BENEDICERE: Das ist lateinisch und bedeutet so viel wie „segnen“, wortwörtlich aber Gutes zusprechen. Ich nehme mir vor, jedem aus meiner Familie ein Mal am Tag etwas Gutes zu sagen, um ihn zu ermutigen.
Think before I speak: Ich versuche achtlose Worte zu meiden und mir eine kurze DENK-Pause zu gönnen, bevor ich antworte. Das ist auch ein wenig mühsam, weil ich eine Viel- und Schnellrednerin bin. Diese Entschleunigung ist aber vor allem für den nächsten Punkt eine große Hilfe.
Kein Getratsche: Das ist nämlich der Widerspruch zu „Benedicere“ und fällt mir nicht immer sehr leicht. Schnell sind News weitergegeben und nicht immer habe ich davor geprüft, ob meine Quellen bei der reinen Wahrheit geblieben sind. P. Leo Maasburg hat in einem Vortrag über Mutter Teresa erzählt, dass sie nie ein Wort zu viel gesprochen habe und was sie gesprochen habe deshalb eine solche Wirkung hatte. Sie prüfte ihre Worte immer daraufhin, ob sie wirklich notwendig waren, ob sie in voller Wahrheit gesprochen wurden und ob sie aus Liebe gesagt wurden.
Damit erübrigt sich der Punkt ja meistens, denn Klatsch ist selten liebevoll, man weiß nicht immer, ob er wahr ist und notwendig ist er sowieso selten. Meinen Kindern bin ich dann ein Vorbild im Guten über andere zu sprechen. Aber darin muss ich mich noch ein wenig mehr üben.
Wort halten: Was ich versprochen habe auch immer zu halten. Nichts verschieben und sich aus nichts herausreden. Das bewirkt, dass ich wahrhaftiges Vorbild bin und meine Kinder sich auch wirklich immer auf das verlassen können, was ich sage. Ich mache keine halbherzigen oder achtlosen Versprechen.